Stell dir vor, du hast einen langen Stab in der Hand - einen ganz langen Stab, der bis zum Mond reicht. Auf der Mondoberfläche steht dein Freund und hält das weit entfernte Stabende fest. Zeitgleich läuft im Fernsehen ein wichtiges Fußballspiel, welches euer Kumpel auf dem Mond zwar sehen kann (die NASA hat ihm freundlicherweise erlaubt, einen (akkubetriebenen) Fernseher auf seinen Spaziergang mitzunehmen), jedoch aufgrund der Zeitverzögerung das "Echtzeit-Feeling" vermisst. (Die Funksignale der Erde brauchen immerhin etwa 1,2 Sekunden, bis sie den Mond erreichen.) Deshalb habt ihr euch ausgemacht, dass du jedes Mal, wenn seine Lieblingsmannschaft ein Tor schießt, den Stab bewegst. So weiß er, dass ein Tor fällt, noch bevor es ihm der Fernseher 1,2 Sekunden später mitteilt. Die Information wurde ihm somit mit Überlichtgeschwindigkeit übermittelt.
Doch halt - hier haben wir einen Widerspruch zu Einsteins Relativitätstheorie, laut welcher sich nichts (nicht einmal irgendeine Art von Information) schneller als das Licht fortpflanzen kann! Irgendetwas stimmt hier nicht! (Und wie ihr bereits vermutet habt, ist es nicht die Relativitätstheorie!)
Vielmehr liegt der Gedankenfehler bei der Signalübertragung über den Stab: Die "Information der Bewegung" kann sich auch im Stab nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Sobald du das erdnahe Ende des Stabes bewegst, wandert eine Welle (mit Unterlichtgeschwindigkeit!) entlang des Stabes. Solange diese Welle nicht bei deinem Freund ankommt, weiß dieser gar nicht, dass du den Stab bereits bewegt hast. Er erfährt es erst später, sogar erst nachdem ihn die Funksignale erreicht haben. (Die ganze Sache mit dem Stab hättet ihr euch also sparen können.)
Eine Folge der Relativitätstheorie ist also, dass es keine Körper geben kann, die vollkommen starr sind. Alles muss bis zu einem gewissen Grad elastisch, verformbar und biegsam sein, denn sonst wäre eine Informationsübertragung schneller als das Licht in der Tat möglich.
Doch wir kennen aus dem Alltag zahlreiche Objekte, die absolut starr und fest erscheinen. Setzt man diese einer Kraft aus, müssten sie sich ja eigentlich verformen, egal wie schwach die Kraft ist, oder? Nehmen wir an, du hast von der Unmöglichkeit der überlichtschnellen Übertragung erfahren und rufst deinen Freund am Mond an, um ihm diese schlechte Nachricht zu überbringen. Nach einigen Erklärungen über die Interferometrieexperimente von Albert Abraham Michelson und Edward Morley, welche die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in allen Bezugssystemen nahelegten, und zahlreichen Ausschweifungen über die Form der Lorentztransformationen legst du enttäuscht den Hörer auf das Telefon. Dabei wird dir bewusst, dass sich der ganze Telefonapparat aufgrund des Gewichts des Hörers ja eigentlich verformen müsste. Kann man diese winzigen Verformungen irgendwie sichtbar machen?
Die Antwort ist: Ja, kann man. Und der heutige Artikel soll eine Methode vorstellen, die dies ermöglicht.
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Ein "Fernsprechtischapparat" aus den 1970ern, oder wie ich gerne sage: "Telefon". |
Würde uns die Physiologie und die Physik nicht einen Strich durch die Rechnung machen, könnten wir die kleinen Verformungen aufgrund des Hörergewichts
direkt sehen. Bei derart kleinen Krafteinwirkungen sind die Verformungen womöglich kleiner als die Wellenlänge des Lichts, das vom Telefonapparat reflektiert wird und unser Auge erreicht. Daher reicht die Auflösung einfach nicht aus, um kleine Strukturen und Verformungen zu erkennen.
Wir werden daher tief in die physikalische Trickkiste greifen und uns der Methode der
holographischen Interferometrie bedienen.
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Prinzessin Leia als Hologramm
(Szene aus Star Wars, Episode IV - Eine neue Hoffnung) |
Wenn es um Hologramme geht, denken viele vielleicht an die Szene aus Star Wars, in welcher der Droide R2-D2 den Hilferuf der Prinzessin Leia in Form eines Hologramms überbringt. (Zumindest ich denke an Star Wars, da ich es mir vor kurzem wieder angesehen habe.)
Vielleicht denken manche aber auch an die etwas realistischere Form von Hologrammen, wie sie z. B. in
diesem Video recht eindrucksvoll gezeigt wird.
Um das Kernthema des Artikels (die holographische Interferometrie) zu verstehen, werde ich nun ein bisschen etwas über Hologramme schreiben.
Als "Erfinder" der Holographie gilt der Ingenieur
Dennis Gábor, der für das Konzept der Holographie im Jahr 1971 den Nobelpreis für Physik erhielt. Die Motivation hinter seiner "Erfindung und Entwicklung der holographischen Methode" bestand allerdings nicht in der dreidimensionalen Abbildung von Objekten, sondern vielmehr in der Verbesserung des Auflösungsvermögens von Mikroskopen. Die technische Umsetzung der Holographie war allerdings bis zur Erfindung des Lasers nur sehr begrenzt möglich.