Samstag, 27. April 2013

Entwicklung der Quantenphysik II: Die Quantenhypothese


Im ersten Teil der Artikelserie zur Entwicklung der Quantenphysik wurde erklärt, was Hohlraumstrahlung ist und warum man eine kleine Öffnung im Hohlraum als schwarzen Strahler betrachten kann.

Dieses Mal soll ein Gesetz für die Hohlraumstrahlung gefunden, widerlegt und durch ein neues ersetzt werden. Wie bereits angekündigt, handelt es sich bei diesem neuen Gesetz um ein für damalige Zeiten völlig ungewöhnliches - immerhin wirft es grundlegende alte Vorstellungen über den Haufen.
(Lasst euch nicht von den wenigen Formeln abschrecken! Diese sind nur der Vollständigkeit halber hier und müssen nicht verstanden werden.)


Alle anderen Artikel dieser Serie sind hier zu finden.



*  *  *

Das Rayleigh-Jeans'sche Strahlungsgesetz

Die Wellengleichung für das elektromagnetische Feld lässt für stehende Wellen in einem Hohlraum nur bestimmte stationäre Eigenschwingungen zu. Das kann man sich so vorstellen: In einem Hohlraum gelten für die darin befindlichen Wellen (= Strahlung, Licht, ...) bestimmte Randbedingungen. Das elektromagnetische Feld kann - vereinfacht gesprochen - an den Wänden des Hohlraumes nicht schwingen und deshalb werden den Wellen im Hohlraum (Rand-)bedingungen aufgezwungen, die sie erfüllen müssen. Es entstehen also im Hohlraum stehende Wellen, die wiederum nur ganz bestimmte Eigenschwingungen haben können. Diese möglichen Eigenschwingungen des Feldes werden Moden des Hohlraums genannt. (Wenn der Hohlraum in seiner Ausdehnung viel größer als die Wellenlänge der Strahlung ist, so wird die Modendichte unabhängig von der Form des Hohlkörpers.)

Um die von der Temperatur abhängige mittlere Energie pro Eigenschwingung zu bestimmen, griffen Rayleigh und Jeans auf das klassische Modell des harmonischen Oszillators zurück und gelangten so zu einem Gesetz (dem Rayleigh-Jeans'schen Strahlungsgesetz), das eine Beziehung zwischen der räumlichen Energiedichte wν und der Frequenz ν herstellt:

Für uns ist nur wichtig, dass die Energiedichte wν im Frequenzintervall dν quadratisch mit der Frequenz ν anwächst!
Nun haben wir aber folgendes Problem: Für genügend kleine Frequenzen (im Infrarot-Bereich) stimmt das Rayleigh-Jeans-Gesetz einigermaßen gut mit den experimentellen Ergebnissen überein. Für den Bereich des sichtbaren Lichts (und erst recht für den des ultravioletten Lichts) weichen die theoretisch vorhergesagten Werte jedoch stark von den tatsächlich gemessenen ab. Je größer die Frequenz ν also wird, desto mehr weicht dieses Gesetz also von der Realität ab. (Geht die Frequenz ν gegen Unendlich, so tut das auch die spektrale Energiedichte - das ist mit dem Begriff der "Ultraviolett-Katastrophe" gemeint.)
John William Strutt, 3rd Baron of Rayleigh1
Sir James Hopwood Jeans2

Was ist nun also falsch am Rayleigh-Jeans-Modell?
Mit dieser Frage beschäftigte sich 1900 auch Max Planck. Um die Ultraviolett-Katastrophe zu vermeiden, stellte er eine für damalige Verhältnisse völlig neuartige Hypothese auf. Er nannte sie Quantenhypothese.

Die Planck'sche Strahlungsformel
Planck untersuchte ebenfalls die Eigenmoden der Hohlraumstrahlung und auch er betrachtete sie als Oszillatoren. Im Unterschied zu Rayleigh und Jeans nahm er jedoch an, dass die einzelnen Oszillatoren Energie nicht kontinuierlich (also in beliebig kleinen Portionen) aufnehmen können, sondern nur in bestimmten Paketen. Diese kleinsten Energiepakete nannte er Energiequanten. Die Energiequanten hängen von der Frequenz ν der Eigenschwingung ab und sind immer ganzzahlige Vielfache eines kleinsten Quants h · ν.
Das kleine h ist das Planck'sche Wirkungsquantum und hat den Wert h = 6,626 · 10-34 Js.
Die kleinstmöglichen Energiequanten der Eigenschwingungen des elektromagnetischen Feldes heißen Photonen.
Max Planck3
Planck führte also dieses seltsame Konzept ein, in dem Energie nicht kontinuierlich verteilt sein konnte, sondern nur immer ein Vielfaches einer kleinsten Energieeinheit. Diese Energieportionen sind so klein, dass wir sie im Alltag nicht wahrnehmen. Licht kommt ja z. B. in der Natur nur in "großen Portionen" vor - in Lichtstrahlen, die aus unzähligen Photonen bestehen, sodass uns nicht auffallen würde, dass es sich dabei nur um die Summe kleinster Energiepakete handelt.

Es stellte sich allerdings heraus, dass die Existenz kleinster Quanten h · ν eine Lösung für das Problem der Ultraviolett-Katastrophe liefern.
Die berühmte Planck'sche Strahlungsformel

der spektralen Energiedichteverteilung wν(ν) der Hohlraumstrahlung beschreibt die Natur ausgesprochen präzise und stimmt mit den Experimenten tadellos überein. (Für sehr kleine Energien verwandelt sich die Planck'sche Strahlungsformel wiederum in das Rayleigh-Jeans-Gesetz.)
So sieht die Planck-Formel für verschiedene Temperaturen als Diagramm aus:
Plancksches Strahlungsspektrum für Temperaturen von 300 K bis 1000 K in einem linearen Koordinatensystem.4

Man sieht, dass die Energie auch für große Temperaturen nicht gegen Unendlich geht, womit keine Ultraviolett-Katastrophe eintritt.

Das Planck'sche Strahlungsgesetzt hält bislang den experimentellen Überprüfungen stand und kann von seiner Richtigkeit ausgehen.


Zusammenfassung:
Ich hoffe, die Grundaussage dieses Artikels ist einigermaßen verständlich hinübergekommen:
Durch die Annahme, dass das (elektromagnetische) Strahlungsfeld quantisiert ist, lassen sich die experimentellen Resultate richtig theoretisch deuten, während die klassische Physik hierbei versagt. Max Planck diskretisiert die Natur also mit seiner Quantenhypothese, was weitreichende Folgen haben wird.


Im nächsten Teil werde ich den photoelektrischen Effekt erklären, für den Einstein 1921 den Physik-Nobelpreis erhielt. Wir werden am Beispiel dieses Phänomens sehen, dass die Erklärung vieler natürlicher Phänomene nur durch das Modell der Lichtquanten möglich ist.

Die Geschichte über die Entwicklung der Quantenphysik hat erst begonnen...



__________
1 Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:John_William_Strutt.jpg
2 Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:James_Hopwood_Jeans.jpg
3 Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Max_Planck_(1858-1947).jpg
4 Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:BlackbodySpectrum_lin_150dpi_de.png



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen