Samstag, 10. Mai 2014

Sinne der Curiosity IV - Den Mars fühlen

In dieser kurzen Artikelserie stelle ich die zehn wissenschaftlichen Instrumente des Mars-Rovers namens Curiosity vor, der seit 2012 auf der Marsoberflächt rollt und uns täglich mit faszinierenden Bildern, Daten und Erkenntnissen versorgt.
Im ersten Teil habe ich neben ein paar allgemeinen Worten über dieses Mars Science Laboratory die Kameras "MastCam", "MAHLI" und "MARDI" beschrieben - es ging also darum, wie Curiosity den Mars "sieht."
Im zweiten Teil waren die Spektrometer namens "APXS", "ChemCam", "CheMin" und "SAM" an der Reihe. Mit diesen Instrumenten kann Curiosity Marsmaterial "schmecken".
Der vorhergehende, dritte Teil beschäftigte sich mit den Strahlungsdetektoren "RAD" und "DAN" an Bord des Rovers. Ich ordnete Curiosity durch diese Geräte (etwas willkürlich) einen Hörsinn zu.

Der heutige Artikel stellt den letzten Teil der Serie dar. Nun fehlt uns nur noch ein wissenschaftliches Instrument - nämlich des Rovers hauseigene Wetterstation namens "REMS".

Den Mars "fühlen"

Schematisches Bild von Curiosity.
Zuletzt betrachten wir heute das Datenerfassungssystem namens Rover Environmental Monitoring Station (REMS).
(Credit: NASA/JPL)

REMS

Heute soll es also um die Rover Environmental Monitoring Station (oder kurz REMS) gehen - das ist ein System aus Messgeräten, die sechs verschiedene Marsatmosphären-Parameter messen: Windgeschwindigkeit und -richtung, Luftdruck, relative Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur, Bodentemperatur und UV-Strahlung. All diese Sensoren sind an drei Stellen der Curiosity angebracht, nämlich am Mast (Remote Sensing Mast, RSM. Siehe Bild oben.), auf der Oberseite des Roverdecks und im Körper des rollenden Marslabors.

So sehen die zwei "Booms" aus, die am Remote Sensing Mast angebracht sind.
(Credit: NASA/JPL)
Die zwei am Mast angebrachten, sogenannten "Booms" sind Windsensoren. Sie sind nicht nur um einen Winkel von 120° zueinander verdreht, sondern auch in unterschiedlicher Höhe angebracht. Dadurch sollen sie die Windverhältnisse über dem Marsboden so gut es geht erfassen können. Da allerdings der Mast sowie der ganze Rover an sich ja den Wind etwas ablenken und dadurch die Messergebnisse verfälschen, versucht man, die Daten durch nachträgliche Korrekturen zu "berichtigen". Aufgrund zahlreicher Windtunneltests und Computersimulationen, die man bereits vor der Mission durchgeführt hat, weiß man, welche Rechenmethoden man anwenden muss, um die Störung des Windes durch den Rover zu kompensieren.
Außerdem haben beide "Booms" Temperatursensoren.

"Boom 1" verfügt zusätzlich zu seinem Windsensor über ein Messgerät zur Bestimmung der relativen Luftfeuchtigkeit, wohingegen "Bloom 2" ein Gerät besitzt, welches über die vom Marsboden abgegebene Infrarotstrahlung auf die Oberflächentemperatur rückschließen lässt.

Der Sensor für ultraviolette (UV-) Strahlung befindet sich, wie bereits erwähnt, am Deck des Roboters. Die sechs Photodioden zur Vermessung der UV-Strahlung sind senkrecht nach oben gerichtet und "sehen" etwa über ein Winkelintervall von 60 Grad. (Auch die Intensität der am Mars herrschenden UV-Strahlung ist für eventuelle, zukünftige lange Aufenthalte von Menschen auf dem Mars von großer Bedeutung - diese Strahlung hat bekanntermaßen ja das nicht zu unterschätzende Potential, z. B. Hautkrebs zu verursachen.)

Im Inneren des Rovers befindet sich das Luftdruck-Messgerät. Um den äußeren Atmosphärendruck messen können, muss dieses Instrument mit "dem Außen" direkt verbunden sein. Diese Verbindung wird durch eine kleine Röhre geschaffen, durch welche die Marsatmosphäre (nicht aber der Staub, dank der eingebauten Filter) bis zum Messgerät eindringen kann.

Bei der Konstruktion dieser Messinstrumente gab es vor allem zwei große Herausforderungen und Einschränkungen. Erstens musste garantiert werden können, dass die "Booms" über einen großen Temperaturbereich (-130 bis +70 °C) funktionsfähig bleiben, und zweitens durfte die Gesamtheit aller Instrumente des REMS nicht mehr als 1,3 Kilogramm wiegen.

Curiosity wird zusammengebaut. Hier schön zu sehen sind die zwei "Booms" des REMS.
(Credit: NASA/JPL-Caltech)

Die Hauptaufgabe von REMS ist also die systematische Messung von Umgebungsdaten. Egal ob Tag oder Nacht, das System weckt sich jede Stunde ganz von selbst auf, macht für fünf Minuten Messungen, speichert die Werte und befördert sich wieder in einen 55 Minuten andauernden "power nap". Durch diese Messungen sind die Geräte pro Mars-Tag-Nacht-Zyklus für insgesamt zwei Stunden aktiv. Der Energiehaushaltsplan des Rovers erlaubt allerdings eine tägliche Betriebszeit von drei Stunden. Somit bleibt eine ganze Stunde für außerplanmäßige Messungen oder für Verlängerungen der Messzeiten, wenn in den stündlichen 5-Minuten-Messungen ein "atmosphärisches event" erfasst wird.(Auch diese Detektion mit anschließender Verlängerung wird autonom von einem Algorithmus bewerkstelligt.)

Ein dust devil am Mars - fotografiert vom Rover Spirit.
(Credit: NASA)
Zuletzt möchte ich noch kurz erwähnen, auf welche Aspekte der Einsatz des REMS letztendlich abzielt.
Man möchte zum einen das generelle Verhalten der Marsatmosphäre kennenlernen, also ihre Zirkulationsformen, Fronten, Jets, usw. Dann will man auch über kleinere, lokale Wetterphänomene, wie z. B. Turbulenzen, Wärmeflüssen, dust devils (Sand aufwirbelnde Wirbelwinde) etc., lernen. Wozu hätte man außerdem den Feuchtigkeitssensor eingebaut, wenn man nicht an den lokalen Wasserkreisläufen und deren räumlichen und zeitlichen Variationen interessiert wäre? Der UV-Sensor soll überdies Aufschluss geben über die Zerstörungskraft von ultravioletter Strahlung, UV-optische Eigenschaften des Marsstaubs, Photolyseraten und Oxidationsmittelproduktion. Zusätzlich soll REMS Informationen über die unterirdische Habitabilität aufgrund der Boden-Atmosphäre-Wechselwirkung geben.

Nun da wir wissen, welche Geräte zur Erfassung des Marswetters und der Roverumgebung am Roboter installiert sind, wäre es doch interessant zu wissen, welches Wetter gerade eben am Mars herrscht, oder? - Ein Glück, dass es den Mars-Wetterbericht des MSL/REMS-Projekts gibt!
Täglicher Wetterbericht vom Mars.
(Credit: NASA/JPL-Caltech/CSIC-INTA)

Wie wir in dieser Artikelserie also gesehen haben, ist Curiosity mit wissenschaftlichen Instrumenten ausgestattet, welche uns den Gewinn eines breitgefächerten Spektrums an Erkenntnissen praktisch garantieren. Unser Wissen über den Mars und über unsere intrastellare Umgebung und somit auch über unsere Entstehungsgeschichte und Leben auf dem Nachbar- und Heimatplaneten Erde wächst durch Missionen wie dieses Mars Science Laboratory unaufhaltsam und fast täglich an.

Ist es nicht spannend, faszinierend und wünschenswert, fremde und so weit entfernte Welten zu erforschen, welche noch nie jemand zuvor mit einem so großen Grad an Detailliertheit sehen und erfassen konnte?

Portrait von Curiosity - aufgenommen von einem 2,6 Meter großen, grünen Marsmännchen (*).
(Credit: NASA/JPL-Caltech/Malin Space Science Systems)

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(*) Das war natürlich ein Scherz! Gleich nachdem dieses Bild veröffentlicht wurde, fragten sich viele, wer denn dieses Bild aufgenommen hätte, wo doch offensichtlich kein Roboterarm sichtbar ist, der den Rover mit der Kamera verbindet. Tatsächlich ist dieses Bild aber ein Mosaik aus mehreren Einzelbildern, wodurch der Verbindungsarm zur Verschwinden gebracht werden konnte.

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